Schönes buntes Web

Vielleicht sind Sie schon arg enttäuscht, daß sich auf meiner Homepage nichts bewegt. Noch dazu ist sie wenig bunt und enthält kaum Bilder. Ich kann die Faszination nicht verstehen, die anscheinend von möglichst bunten, animierten, grafiküberladenen aber ansonsten recht inhaltsarmen Webseiten ausgeht.

Es ist wohl in unserer Mediengesellschaft zur häufigen Erscheinung geworden, die Prioritäten in der Rangfolge Design, technische Ausführung, Inhalt zu setzen. Wobei ein Design mit dunkelroter Schrift auf schwarzblauem Hintergrund auch von einem mageren Inhalt kaum noch etwas erkennen läßt. Natürlich will ich nicht bezweifeln, daß dem Medium Web andere Präsentationsformen entsprechen als beispielsweise die für ein gedrucktes Buch geltenden.

Was einem so an technische Ausführung - sprich Programmierung - geboten wird, scheint zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil zu unterstellen, daß

Ich erwog, meine Einstiegsseite entsprechend diesen Erkenntnissen zu gestalten, beließ es dann aber bei diesem Entwurf.

Sehr treffend fand ich den Beitrag zur digiMedia in Düsseldorf im Deutschlandfunk am 25.9.1999:

Zu den Highlights des angegliederten Kongresses für Werbung und Electronic Commerce "komm" gehörte der Vortrag des kalifornischen Meinungsforschers und Internetberaters Michael Moon. Eingeladen vom Deutschen Multimedia-Verband sparte Moon in seiner Keynote-Rede nicht mit provokanten Aussagen zur künftigen Entwicklung des kommerziellen Internets. Während hier zu Lande die Nachfrage nach Grafikern, die Webseiten gestalten, immer noch boomt, hat sich in den USA die Lage gewandelt, berichtete Moon. Das Konzept, HTML-Seiten mit der Hand zu gestalten, sei "eine Sackgasse, eine ruinöse, sowjetische Technologie".
424 Dollar pro Jahr koste durchschnittlich jede kommerzielle Webpage. 4000 davon haben die Großen der Branche im Schnitt auf ihren Internet-Servern liegen, die Erstellung und Pflege kostet sie also 1,7 Millionen Dollar pro Jahr. Moon meint, man solle sein Geld nicht in all die schicken Webseiten mit ihren schillernden Grafiken stecken, sondern sich fragen, was die Kunden, was die Investoren und die Angestellten, die im Firmennetz etwas suchen, wirklich wollen. "Sie wollen ein einfaches starkes Interface", so Moon, "und die Möglichkeit, mit zwei Klicks überall hin zu kommen. Zwei Klicks." Ein Teil dieses Interfaces sei eine ausgefeilte Suchmaschine.
Als Grundvoraussetzung für die Funktion des Angebots nennt Moon einen gut aufbereiteten Datenbestand in atomisierter Form, der bei jeder Anfrage individuell neu zusammengebaut werden kann. Seiner Meinung nach ist das Hauptproblem der meisten größeren Firmen, die in E-Commerce einsteigen und Produkte oder Dienstleistungen übers Internet anbieten wollen, ihr veralteter, noch in COBOL geschriebener Datenbankcode - Leichen im Keller. Der Amerikaner rät kleinen und mittleren Betrieben, die ins Netz wollen, dreigleisig zu fahren.
Sie sollten einen Datenbankprogrammierer bestellen, der ihre Daten in Ordnung bringt - auch wenn das teuer werden kann. Mit dem Einrichten des Webauftritts sollte man den nächstgelegenen Internetprovider beauftragen, der pragmatischer und billiger sei als das Grafikbüro mit dem renommierten Namen. Schließlich sollte ein unabhängiger Systemberater, der sich mit dem Web auskennt, in einem Zwei-Jahres-Plan die Strategie festlegen, nach der die Firma ihre Internetpräsenz langsam aufbaut.
Auf die Frage, ob all das nicht manchen europäischen Betrieb überfordere, der seine Daten immer noch auf Karteikarten oder allenfalls in einer Tabellenkalkulation führt, meinte Moon knapp, einem solchen Geschäftsführer gehöre der Führerschein entzogen.
Quelle: Maximilian Schönherr, Michael Moon

Hinzufügen möchte ich, daß in vielen Fällen eine pseudodynamische Aufbereitung der Daten ausreichend und oft einfacher / kostengünstiger ist. Damit meine ich die tägliche / wöchentliche Generierung vieler statischer Seiten durch geeignete Software. Perl bietet sich hier besonders an. Als Beispiele fallen mir Preislisten ein sowie diverse Metadaten (oft nur fürs Intranet bestimmt), als da seien Auswertungen und z.B. kommentierte Datenbankschemata.

Autor: Thomas A. Rohloff, 21.01.2000

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