"Selbst die unauslöschlichsten Dinge haben eine Dauer, wie jene anderen, die keine Spur hinterlassen und nicht einmal geschehen,
und wenn wir vorbereitet sind und sie notieren oder aufnehmen oder filmen und uns mit Erinnerungshilfen umgeben und sogar versuchen,
das Geschehene durch das bloße Protokoll und die Aufzeichnung und Archivierung des Geschehenen zu ersetzen, so daß das wirkliche
Geschehen von Anfang an unsere Notiz oder unsere Aufnahme oder unsere Filmaufzeichnung ist, nur das; selbst bei dieser endlosen
Perfektionierung der Wiederholung werden wir die Zeit verloren haben, in der die Dinge wirklich geschahen (auch wenn es die Zeit
des Notierens ist); und während wir versuchen, sie wiederzuerleben oder wiederherzustellen oder zurückzuholen und zu verhindern,
daß sie Vergangenheit ist, wird sich eine andere Zeit ereignen, und in dieser werden wir zweifellos nicht zusammen sein und auch
kein Telephon abnehmen, noch irgend etwas wagen, noch ein Verbrechen oder einen Tod verhindern können (obwohl wir ersteres auch
nicht begehen und letzteres auch nicht verursachen werden), weil wir diese Zeit in unserem krankhaften Bestreben, sie nicht zu
Ende gehen zu lassen und das wiederkehren zu sehen, was bereits vergangen ist, vorbeigehen lassen, als gehörte sie uns nicht.
So kommt es, daß das, was wir sehen und hören, am Ende dem ähnlich und sogar gleich wird, was wir nicht sehen und nicht hören,
es ist nur eine Frage der Zeit oder unseres Verschwindens."
(Javier Marías, Mein Herz so weiß)
Autor: Thomas A. Rohloff, 01.08.2004, geändert 14.10.2007